Interview: Nachhaltiger Edelstahl im Fokus – Circle Green® von Outokumpu
Mit Circle Green® hat Outokumpu eine neue Referenz im Markt für nachhaltigen Edelstahl geschaffen – mit einer Senkung des CO₂-Fussabdruck auf bis zu 0.5 kg CO₂/kg Edelstahl (gegenüber 7 kg im Branchendurchschnitt). Der Werkstoff kombiniert bis zu 100 % recycelte Rohstoffe, erneuerbare Energiequellen und eine lückenlose CO₂-Dokumentation – TÜV-geprüft, unabhängig verifiziert und verfügbar ab Lager in der Schweiz über Notz Metall.
Doch was bedeutet nachhaltiger Edelstahl konkret – technologisch, strategisch und für die Industrie in der Schweiz? Darüber spricht Linda Lack, Head of Marketing & Communication, bei Notz Metall AG mit Dr. Maximilian Wulfmeier, Head of Sustainable Solutions and Products, bei Outokumpu.
Der promovierte Werkstoffingenieur begann seine Karriere im Bereich Technologie in der Entwicklung und Umsetzung von strategischen Dekarbonisierungsprojekten. Heute leitet er das Produktmanagement, den technischen Kundendienst und die Geschäftsbereichentwicklung von grünem Edelstahl bei Outokumpu. Seine Funktion vereint technische Tiefe mit strategischem Weitblick – ideal, um komplexe Nachhaltigkeitsthemen greifbar zu machen.
Herr Dr. Wulfmeier, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen.
Linda Lack: Herr Dr. Wulfmeier, Sie beschäftigen sich täglich mit Emissionen, CO₂-Daten und Werkstoffkennzahlen. Was war für Sie persönlich der eindrücklichste Moment bei der Entwicklung von Circle Green®?
Dr. Wulfmeier: Während der gesamten Reise von Circle Green gibt es viele besondere Momente. Von der ersten Schmelze über den Austausch mit der Kundschaft und dem exponentiellen Wachstum des Produktes. Wenn ich einen etwas herausstellen darf, dann ist das der Pioniergeist, die Expertise und Leidenschaft des gesamten Teams bei den ersten Schmelzversuchen und schliesslich die Realisierung, dass wir den CO₂-Fussabdruck von Edelstahl mit Circle Green® bis zu 93% verringern können (Im Vergleich zum globalen Branchendurchschnitt). Technologischer Vorsprung mit messbarem Effekt.
Outokumpu hat mit Circle Green® einen Edelstahl mit extrem niedrigem CO₂-Fussabdruck auf den Markt gebracht. Was unterscheidet Circle Green konkret von herkömmlichem Edelstahl – und wie konnten Sie die Emissionen derart drastisch senken?
Ich möchte zunächst betonen, wo sich Circle Green nicht von herkömmlichem Edelstahl unterscheidet. Circle Green erfüllt dieselben hohen Ansprüche an mechanische Eigenschaften und Oberflächen wie alle unsere Edelstähle. Der geringe CO2-Fussabdruck ist die Folge unserer Expertise und Prozessentwicklung. Wir maximieren den Einsatz von emissionsarmen Rohstoffen, wie zum Beispiel Schrott, und gleichzeitig werden Prozessemissionen durch exzellente Fertigungsprozesse und den konsequenten Einsatz von erneuerbaren Energien minimiert. Dies wird durch strategische Investitionen in besonders schwer vermeidbare Bereiche wie zum Beispiel Biocoke unterstützt.
Sie leiten sowohl den Nachhaltigkeitsbereich als auch den Technischen Kundenservice. Wie hilft Ihnen Ihr werkstofftechnischer Hintergrund bei der Kommunikation mit Kundschaft – etwa in der Vermittlung komplexer ESG-Themen wie PCF, Scope 3 oder Zertifizierungen?
Unsere Kundschaft besitzen eine enorme Expertise im Bereich Edelstahl und verstehen den Herstellungsprozess von Stahl im Detail – da gehen die Diskussionen sehr schnell in die Tiefe. Im Bereich Nachhaltigkeit ist die Expertise oft sehr unterschiedlich, da das Thema im Vergleich zur Werkstofftechnik in der Breite doch deutlich jünger ist. Wir gehen daher individuell auf unsere Kundinnen und Kunden ein und unterstützen gerne bei den verschiedenen ESG-Themen. Die Gespräche entwickeln sich üblicherweise sehr schnell in die Tiefe und in eine detaillierte Betrachtung der Einflüsse zum Beispiel unseres Schmelzwerkes auf das Erreichen des produktbezogenen CO2-Fussabdrucks (PCF). Nachhaltigkeit von Stahl kann anders als die Werkstoffeigenschaften am Endprodukt nicht gemessen werden. Von daher ist die Belastbarkeit und lückenlose Nachweisbarkeit und Transparenz der Nachhaltigkeitsdaten entscheidend. Bei Edelstahl tragen die Lieferkettenemissionen (Scope 3) der Legierungselemente den Grossteil der Emissionen zum PCF bei. Uns bei Outokumpu ist wichtig alle Emissionen unserer Kundschaft transparent darzulegen, denn nur so ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich.
Circle Green im Wettbewerb – was macht Outokumpu anders?
Andere Hersteller positionieren sich ebenfalls mit CO₂-reduziertem Edelstahl. Was unterscheidet Circle Green konkret – z. B. im Vergleich zu europäischen Marktbegleitern?
Es ist wichtig, dass der Wettbewerb dem Pioniergeist von Outokumpu folgt und ebenfalls CO₂-reduzierten Edelstahl anbietet – denn schlussendlich geht es darum diesen Planeten zu erhalten und dafür müssen wir uns alle transformieren. Ich möchte an dieser Stelle nochmal die Bedeutung von transparenten, nachvollziehbaren und belastbaren Daten betonen und schliesslich den damit belegten CO₂-Fussabdruck.
Viele Schweizer KMU entscheiden primär nach Verfügbarkeit, Preis und Qualität.
Wie gelingt es Ihnen, mit einem nachhaltigen Produkt wie Circle Green auch Unternehmen zu überzeugen, die (noch) keine formale ESG-Strategie verfolgen – aber zunehmend von Kundschaft und Ausschreibungen unter Druck geraten?
Hier spielt Aufklärung eine wichtige Rolle. Insbesondere unter KMU spielt die gesellschaftliche Auswirkung der eigenen Geschäftstätigkeit eine grosse Rolle. Die Vernetzung mit der regionalen Bevölkerung und Gemeinden ist oft sehr eng ist. Durch den Einsatz von Circle Green kann ein signifikanter Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden und häufig sind die zusätzlichen Kosten auf das Produkt vernachlässigbar gering. Die Schweiz geprägt durch ihre Berglandschaft zeigt schon heute sehr deutlich die Auswirkungen des Klimawandels. Wir haben alle die Verantwortung die Auswirkungen unseres Handelns für die Zukunft des Planeten und der nächsten Generationen zu hinterfragen. Ich bin Vater von zwei kleinen Kindern und begeisterter Outdoorsportler. Ich hoffe dazu beitragen zu können, dass meine Kinder die Berge noch ähnlich erfahren können, wie ich und ich glaube diese Motivation wird von vielen geteilt. Oft stellt sich nur die Frage nach dem wie – hier liefern wir eine weitere Antwort mit Circle Green.
Ökologie & Ökonomie vereinen – Preis oder Prinzip?
Nachhaltigkeit ist häufig mit höheren Kosten verbunden – Circle Green schafft hier ein Spannungsfeld. Wie reagieren Ihre Kundinnen und Kunden auf den Preis? Gibt es Argumente oder Erfahrungswerte, die helfen, ESG-Mehrwert wirtschaftlich zu begründen?
Die Vereinigung von Ökologie und Ökonomie ist eine Herausforderung. Meist ist der Einfluss der höheren Kosten von Circle Green auf das finale Produkt sehr gering. Hier kann ich nur dazu ermutigen, CO₂-reduzierten Stahl bei Ihrem Lieferanten anzufragen und den Einfluss auf das Endprodukt zu berechnen. Unsere Kundschaft hat positiv auf den Preis reagiert und erkennt die langfristigen Vorteile und den Wettbewerbsvorteil der Nutzung von emissionsarmem Edelstahl. Allein im Jahr 2024 haben wir unsere Kundschaft dabei unterstützt, ihre Emissionen um 10 Millionen Tonnen zu reduzieren. Dies hilft nicht nur bei der Erfüllung gesetzlicher Anforderungen, sondern verbessert auch die Nachhaltigkeitsbilanz unserer Kundschaft, was ein starker Differenzierungsfaktor auf dem Markt sein kann.
Branchen mit hohem ESG-Druck – wer profitiert besonders? In welchen Industrien ist die Nachfrage nach Circle Green aktuell am höchsten?
Der Kreis unserer Circle Green Kundinnen und Kunden ist durchaus divers und umspannt alle Segmente. Neben dem geringen CO₂-Fussabdruck stärkt Circle Green auch eine europäische Lieferkette. Die Rohstoffe von Circle Green stammen zum Grossteil aus Europa werden in Europa verarbeitet und schliesslich wieder nach Europa verschifft – wirklich Kreislaufwirtschaft und wirklich EuropeMade also.
Öffentliche Ausschreibungen in der Schweiz – Wettbewerbsvorteil durch Circle Green?
Öffentliche Ausschreibungen stellen zunehmend Anforderungen an CO₂-Transparenz und ESG-Kriterien. Wie können Unternehmen mit Circle Green konkret punkten – z. B. im Rahmen von Minergie-ECO, BöB-konformen Projekten oder der SBTi-Berichterstattung?
Edelstahl ist durch seine Eigenschaften und Recyclefähigkeit ein langlebiger, schadstofffreier Werkstoff und eignet sich daher hervorragend für nachhaltige Anwendungen. Für alle Outokumpu Produkte stehen zertifizierte Produktspezifische CO₂-Fussabdrucke (PCF) und Umwelt-Produktdeklarationen (EPD) zur Verfügung. Diese Datentransparenz ermöglicht unserer Kundschaft auch die Nachhaltigkeit ihrer Lösungen nachzuweisen. Circle Green sticht auch hier nochmal mit extra hohem Recyclinganteil und besonders niedrigem CO₂-Fussabdruck hervor.
Scope-3-Berichterstattung & CO₂-Zertifikate: Reine Pflicht oder echter Vorteil?
Circle Green bietet PCF-Werte pro Charge – TÜV-verifiziert und bereit für ESG-Reports. Wie werden diese Daten in der Praxis genutzt?
Wenn ich mich zwischen reine Pflicht und echter Vorteil entscheiden muss – wähle ich echter Vorteil. Natürlich sind mit der Berichterstattung enorme Aufwände verbunden und der Prozess birgt Optimierungspotenzial aber nur durch Transparenz kann die Qualität von CO₂--reduzierten Produkten und somit die Kundschaft geschützt werden. Unser Anspruch ist es dabei diesen Prozess für unseren Kundinnen und Kunden so einfach wie möglich zu gestalten. Die Daten des PCF oder der EPDs können direkt für die Berichterstattung des Unternehmens oder zum Nachweis der Nachhaltigkeit eines Produktes genutzt werden und generieren damit echten Mehrwert.
Politische Unsicherheit und ESG – bremsen globale Trends die Nachfrage?
ESG-Initiativen stehen international unter Druck – etwa durch regulatorische Gegenbewegungen in den USA. Gleichzeitig beobachten viele Unternehmen Investitionszurückhaltung. Wie erleben Sie diesen Spagat in der Praxis: Wird die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten wie Circle Green kurzfristig gebremst?
Die politische Unsicherheit ist enorm und der Zollkonflikt hat direkte Auswirkungen auf viele unserer Kundinnen und Kunden. Nachhaltigkeit und Profitabilität funktionieren nur Hand in Hand von daher belastet die Marksituation sicherlich die Nachfrage nach Premiumprodukten. Trotz alledem ist die Aktivität und Nachfrage nach grünem Stahl im Hoch und wir konnten zuletzt einen neuen Rekordmonat auf Basis der ausgelieferten Circle Green Menge feiern. Langfristig führt kein Weg an CO₂-reduziertem Stahl vorbei, das Verstehen auch unsere Kundinnen und Kunden und stellen sich schon heute strategisch auf.
Entwicklung nachhaltiger Werkstoffe – was erwartet uns bis Ende 2025?
Trotz politischer Turbulenzen wächst der Handlungsdruck in der Industrie: Dekarbonisierung, Scope-3-Berichte, neue Ausschreibungsregeln. Wie sehen Sie die Entwicklung nachhaltiger Edelstahlprodukte bis Ende 2025?
Outokumpu bietet Circle Green bereits in 14 verschiedenen Güten an. Das Portfolio wird kontinuierlich strategisch entsprechend der Marktgegebenheiten weiterentwickelt. Ich erwarte, dass auf europäischer Ebene einheitliche Standards und Label für grünen Stahl definiert werden und Leitmärkte für klimafreundliche Grundstoffe eingeführt werden. Der europäische Aktionsplan für Stahl und Metalle spricht diese Themen an, jetzt kommt es auf die konkrete Umsetzung an. Daraus wird die Nachfrage nach grünem Stahl nochmals steigen. Weitere Entwicklung erwarte ich in digitalen Angeboten und Lösungen für die Kundschaft und in der Transparenz der Lieferkette. Hier können beispielsweise Circle Green spezifische EPD’s oder der digitale Produktpass, genannt werden.
Datentransparenz ist eines der zentralen Themen bei nachhaltigen Produkten – was ist der digitale Produktpass und wie trägt er zur Transparenz bei?
Der digitale Produktpass ist ein Datensatz, der die Komponenten, Materialien und chemischen Substanzen oder auch Informationen zu Reparierbarkeit, Ersatzteilen oder fachgerechter Entsorgung für ein Produkt zusammenfasst. Die Daten stammen aus allen Phasen des Produktlebenszyklus und können in all diesen Phasen für verschiedene Zwecke genutzt werden. Der digitale Produktpass ist Teil der EU-Verordnung über Ökodesign für nachhaltige Produkte und wird voraussichtlich ab 2027 für Stahl erforderlich sein.
Ausblick 2030: Vom Nischenprodukt zur Norm?
Wo sehen Sie Circle Green in fünf Jahren? Wird emissionsarmer Edelstahl zur Selbstverständlichkeit – oder braucht es weitere Impulse von Politik und Industrie, um die grüne Transformation zu vollziehen?
Aus meiner Sicht befinden wir uns noch in einer durch die geopolitischen Unsicherheiten verlängerten Produkteinführungsphase allerdings an der Grenze zur Wachstumsphase mit ersten Kundinnen und Kunden, die sich grosse Volumina sichern. In den nächsten 5 Jahren erwarte ich eine sehr dynamische Phase mit exponentiellem Wachstum auf der Nachfrageseite aber auch Skalierungsherausforderungen der Angebotsseite. Wenn die Wachstumsphase abgeschlossen ist, wird sich langfristig das Preisniveau von CO₂-reduziertem Stahl und Standardmaterialien annähern, da die Kosten durch die CO₂ Abgaben auf den konventionellen Produktionsprozess steigen werden. Die Zukunft wird zweifelsohne emissionsarm und das Produkt wird zur Norm. Der Weg dahin kann durch gezielte politische Weichenstellung beschleunigt werden.
Dr. Wulfmeier, herzlichen Dank für das Gespräch und Ihre spannenden Einblicke.
Sie zeigen eindrücklich, dass nachhaltiger Edelstahl nicht nur ein technologischer Meilenstein ist, sondern auch eine Chance für Unternehmen, Verantwortung und Wettbewerbsfähigkeit zu vereinen.
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